ich weiß, ich weiß. also dann: samstag, 27. november 2004. bestenfalls kann man das losstapfen zu dieser jahreszeit a d v e n t s -wanderung nennen, das klingt festlich und mild. realistischer ist aber die bezeichnung grau- und scheißwetterwanderung. jedenfalls vom warmen lieb kerzenbeleuchteten und bratapfelduftenden großstadtwohnzimmer aus betrachtet.aber als wir vier aus dem regionalexpress (ab potsdam) in marquardt ausstiegen (bahnhof wäre für den kahlen haltepunkt auf freier strecke zu pompös), die regenjacken bis oben zugezogen, die rucksäcke überwarfen und ins lichte grau hineinschlenderten, waren die stadtallüren ganz schnell verflogen: wir waren in der l a n d s c h a f t ! der blick wurde weit. das herz auch. überall konnten wir unseren weg nehmen. gefühl von frei sein, unabhängig von wetter, ort und zeit! durch das dorf marquardt – 700 jahre alt – liefen wir richtung schlänitzsee. kein brandenburger örtchen ohne schloß: vor dem see tauchte es auf, hineingeschmiegt in einen wunderschönen geschwungenen park mit herrlichen alten bäumen. das schloß ist eine skurrile stilmischung. ursprünglich ein später rokokobau (1791), ist es ende des 19. jh. geschmacksunsicher gründerzeitlich vergrößert/vergröbert worden. im 20. jh. (1932) übernahm das hotelunternehmen kempinski das schloß, das sich mit dem großartigen blick auf park und see auch sehr eignete. jetzt dümpelt das verwahrloste anwesen ohne anzeichen von benutzter gegenwart und zukunft vor sich hin. – den großen landschaftspark (ach im frühling sehen, im streifigen sonnenlicht!) hat (wer sonst in preußen) peter joseph lenné gestaltet; er scheint weitgehend wiederhergestellt. selbst unter dem grauen himmel verzaubert er noch. wir liefen durch den park am schlänitzsee entlang nach süden auf den sacrow-paretzer-kanal zu . dem folgten wir dann auf dem uferweg nach osten. ein stück straße (273) nach süden, dann bogen wir wieder links in einen breiten weg ein (die historische “lindenallee”), der uns mitten durch die von lenné in der 1. hälfte des 19. jh. um das gut bornim angelegte feldfuhr führte. über unseren köpfen schrien schwärme verspäteter zuggänse. von den ursprünglichen bauten des gutes ist einzig der schlanke persiusturm erhalten, schönes weit sichtbares wegzeichen. wir hielten auf den kleinen ort nedlitz zu. am ufer des weißen sees picnic auf nassen baumstämmen unterm regenschirm. austausch von weihnachtsgebäck und lebensneuigkeiten. gestärkt und weiser gings weiter auf das große potsdam zu, wobei wir auch wieder eine weile straßenpflaster (2) treten mußten. aber dann bogen wir nach links ab auf den pfingstberg. das erst kürzlich wieder sehr schön restaurierte belvedere (persius/stüler) gibt uns einen wunderbaren rundblick über potsdam und das ganze brandenburgische land drumherum. das schauen von hier oben ist wie fliegen. – vom pfingstberg liefen wir durch eine – wieder – elegante villengegend zum jungfernsee, streifen im neuen garten das schloß cecilienhof, wechseln die seenufer zum heiligen see, umrunden das marmorpalais. in der frühen dämmerung treten wir in die stadt ein. großstadt potsdam im advent. das holländerviertel betriebig und doch anheimelnd. die beine werden schwerer. stadtpflaster eben. auf dem weihnachtsmarkt in der fußgängerzone ein glas heißer glühwein. jetzt ist der kurze tag in die dunkelheit abgetaucht. durch die alten straßen, durch eine märchenstimmung des 18. jh. zum bahnhof. (am riesig protzigen hotel mercure vorbei, du weißt, heinz?!) jk.
– übrigens: der 66-seen-wanderführer macht diesen wanderteil umgekehrt:von potsdam über marquardt nach hennigsdorf. aber so gehts auch. und wir fanden: schöner. –